Vor 50 Jahren …

Vor 50 Jahren hatten mein Vater und ich im Keller eine Modelleisenbahnanlage. Vor Kurzem habe ich mal wieder ein wenig aufgeräumt und da sind mir in einem alten Umzugskarton (der Umzug fand vor über 20 Jahren statt) einige Fotoabzüge und Dias der alten Kellerbahn in die Hände gefallen.

Das war ein schönes Wiedersehen und hat viele Erinnerungen in mir wieder wach gerüttelt. Der Fuhrpark war für damalige Verhältnisse riesig. Rund 100 Lokomotiven und 300 Waggons waren im Wechsel auf der Anlage zu finden, die eine Größe von rund 20 m2 hatte.

Die alten, zum Teil stark verblichenen Fotos entsprechen natürlich nicht mehr heutigen Ansprüchen, aber mit ein paar Photoshop-Tricks konnte ich sie ein wenig aufpolieren und aus drei Aufnahmen sogar ein kleines Panorama gestalten. Es zeigt einen Teil des Dampflok-BW’s mit den Baureihen 50, 74, 86 und einer weiteren Lok, die ich nicht genau identifizieren kann. Ausserdem passieren noch eine V160 und ein Personenzug auf den Strecken nebenan. Die Gebäudebausätze waren vorzugsweise von Vollmer und Kibri, aber auch Faller und andere Hersteller kamen zum Einsatz.

Was mich aber an Hand der alten Fotos noch heute begeistert, ist die Qualität der Landschaftsgestaltung, die im wesentlichen mein Vater übernommen hatte. Es ist offensichtlich, dass er ein großes Talent dafür hatte, obwohl er keinen künstlerischen Beruf hatte, sondern Handwerker war. Die Landschaft der Gebirgsszene war aus Styropor, Kork, Gips und Farben gefertigt, die er selbst aus Pigmenten hergestellt hat. Auch die ersten „Preiserlein“ bevölkerten die alpine Landschaft.

Auf meine Idee hin war der „Hauptbahnhof“ der Anlage, ungewöhnlich für die damalige Zeit, ein Kopfbahnhof. Der Grund für diese Entscheidung war mein Wunsch, mehr Rangiermöglichkeiten im Bahnhofsbetrieb zu haben. Da der Bahnhof 6-gleisig war, gab es natürlich viel zu tun beim Richtungswechsel der Züge und so kamen auch immer viele Lokomotiven zum Einsatz. Dazu zählte auch eine ganz aktuelle E03, der Stolz der damaligen Deutschen Bundesbahn.

Der Zug sauste mit den beige/roten Waggons der TEE- und späteren IC-Flotte inklusive Aussichtswagen über die Anlage. Dagegen sieht ein Ponton-Mercedes recht antiquiert aus. Im Hintergrund ist eine BR52 mit Kabinentender (vermutlich von Fleischmann) zu sehen.

3-Leiter-Gleichstrom, gibt’s denn das?

Auf unserer Anlage schon. Dank meiner bereits in jungen Jahren vorhanden elektrischen Kenntnisse hatte ich die Anlage komplett auf 3-Leiter-Gleichstrom umgerüstet. Es war nach meiner Meinung vor 50 Jahren, also in analogen Zeiten das beste System für eine Modelleisenbahnanlage, denn es hatte mehrere Vorteile:

  1. Die ständigen Probleme mit den Umschaltrelais zum Fahrtrichtungswechsel waren dauerhaft behoben. Keine Lok hüpfte mehr, machte einen kräftigen Sprung nach vorn oder änderte nicht wie gewünscht, die Fahrtrichtung.
  2. 2-Leiter-Gleichstrom-Lokomotiven ließen sich ganz einfach umrüsten. Man musste nur einen Schleifer montieren und anschließen sowie die beiden Leitungen der Radschleifer links und rechts zusammen schließen und fertig war das Ganze. So konnten wir viele Gleichstrom-Loks verschiedener Hersteller wie Fleischmann, Roco, Liliput und anderen einsetzen.
  3. Es gab keine Schaltungsprobleme mit Kehrschleifen und ähnlichen Situationen, da das PuKo-Mittelleiter-System durch seinen symmetrischen Aufbau keinerlei Kurzschlüsse bei solchen Gleisplänen verursacht.
  4. Der Umbau war für alle Lokomotiven schnell und preiswert gemacht. Für die Wechselstrom-Loks benötigte man zwei Dioden, für die Gleichstrom-Loks einen Schleifer. Beides war für jeweils ca. 1 DM zu haben.

Für eine Mark waren die vielen Passanten und das Personal auf dem Bahnhof und auf der gesamten Anlage allerdings nicht zu haben. Es waren einfach viel zu viele Figürchen notwendig, damit sie nicht als einsame Aliens erschienen. Für die Detailgestaltung und den Zusammenbau der Gebäude war ich zuständig, die winzigen Figuren, die mehr und mehr die Anlage mit Leben erfüllten, waren für meinen Vater wohl zu klein.

Natürlich kamen die Märklin M-Gleise zum Einsatz, eine Alternative gab es ja nicht. Wo immer es möglich war, wurde das Gleisbett aus Blech aber in die Landschaftsgestaltung integriert, ebenso wie die Sockel der Gebäudebausätze und die voluminösen Antriebskästen der Formsignale. So sah die Anlage weit besser aus, als viele andere in den 70er-Jahren. Weichen- und Signalantriebe waren derart robust, dass wir niemals die Landschaft zerstören mussten, um eine defekte Weiche oder ein Signal auszutauschen – Märklin eben.

Mein Modellbahn-Paradies der 70er-Jahren, also vor 50 Jahren
Mein Modellbahn-Paradies der 70er-Jahren, also vor 50 Jahren

Einige der Accessoirs aus dem alten Eisenbahnkeller von vor 50 Jahren besitze ich noch, die Anlage und den Fuhrpark habe ich aber leider nicht mehr. Aber so allmählich entsteht ja vielleicht wieder eine umfangreichere Sammlung und auch eine Anlage. Natürlich nach aktuellem Stand der Technik, also digital und nicht mit M-Gleisen, aber auf jeden Fall mit 3-Leiter-Märklin-System. Ein erstes Modul ist bereits in Arbeit!

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