Im Jahre 1850 wurde die Geislinger Steige als eine der herausforderndsten Eisenbahn-Steilstrecken in Deutschland eingeweiht. Sie liegt als eine der steilsten Eisenbahnstrecken Europas mit einer maximalen Steigung von 22,5‰ an der Hauptstrecke zwischen Stuttgart und München. Sie gilt als die erste Gebirgsquerung einer Eisenbahn in Kontinentaleuropa.

All das ist Grund genug, das 175. Jubiläum mit einem großen Eisenbahnfest zu feiern. Und die Veranstalter haben sich dabei nicht lumpen lassen. Der eingesetzte historische Fuhrpark enthielt eine BR 97 501 aus dem Jahr 1922, eine BR 58 504 mit Baujahr 1921, eine E 94 088 aus dem Jahr 1943 als Schublok, eine V 100 1019 von 1961, aus dem Jahr 1959 stammt die anwesende 364 514-0, aus dem Jahre 1959 einen Schienenbus 798 652-4 und als Highlight die 60 Jahre alte E 03 001 von 1965, der erste Prototyp der legendären Baureihe 103. Alle Dampf- und E-Loks waren stilecht mit historisch passenden Wagengarnituren bestückt.

Der Fahrplan in Geislingen war entsprechend dicht gefüllt, denn auch die regulären Züge der MEX-, RE- und ICE-Verbindungen durften natürlich durch den Sonderfahrten-Betrieb nicht beeinträchtigt werden. Und als ob das noch nicht genug Programm wäre, fand anlässlich des Jubiläums noch eine Zugtaufen des regionalen Zugbetreibers BWegt/Arverio, natürlich auf den Namen „Geislingen an der Steige“ statt.
Der teilweise als TEE und teilweise als D-Zug ausgezeichnete Sonderzug der DB mit der E03 fuhr mit Waggons der 1. Klasse, die jedoch mit jedem DB-Ticket auch für die 2. Klasse ohne Aufschlag benutzt werden konnte. Mehrmals täglich fuhr der Zug an dem Wochenende auf der Strecke von Stuttgart über Geislingen (Steige) mit Halt in Plochingen nach Ulm und zurück. Das Ticket für die Fahrt mit Rückfahrt kostete 16,60€.

Auch mit den Dampfzügen der UEF konnte man mehrmals täglich auf der Geislinger Steige von von Geislingen (Steige) bis Amstetten und zurück fahren. Eine besondere Attraktion war die Parallelfahrt zweier Dampfzüge nebeneinander auf der zweigleisigen Strecke. Die Lokführer schafften es, dass wir zeitweise mit exakt gleichem Tempo nebeneinander her fuhren, so dass wir die Fahrgäste des jeweils anderen Zuges mit Handschlag begrüßen konnten.
Das war ein großartiges Erlebnis für Eisenbahn-Fans und ein seltenes Fotomotiv, das mich an die Anfangsszene des Miss Marple Krimi-Klassikers „16 Uhr 50 ab Paddington“ erinnerte. Glücklicherweise mussten wir bei unserer Parallelfahrt keinen Mord beobachten, sondern bei bestem Wetter nur erfreute und lachende Gesichter und winkende Fahrgäste.

Auch mit dem Schienenbus konnte man mit gewöhnlichen DB-Tickets ein historisches Fahrzeug nutzen. Da jedoch nur ein Wagen eingesetzt wurde und der Andrang riesig war, habe ich mir die Fahrt in dem überfüllten kleinen Waggon erspart, nach dem ich sah, dass viele Passagiere die Tour stehend wie in der Sardinenbüchse verbringen mussten.
Insgesamt war die Veranstaltung dank der vielen ehrenamtlichen Helfer des UEF und anderer Gruppen und Organisationen sehr gelungen. Das Wetter war hervorragend und sehr fotogen, wie man sehen kann.
Und die Fahrkarten der UEF waren ganz so, wie ich sie aus Kinderzeiten kenne, dicke kleine Pappkärtchen, auf denen fast alles aufgedruckt war, was man für die Fahrt wissen musste.
Man kann sich nur wünschen, dass das nächste Eisenbahnfest an der Geislinger Steige nicht erst in 25 Jahren mit dem 200. Jubiläum stattfindet.



Ach ja, eine Erkenntnis habe ich auch mitgenommen: Gefühlt hatte ich in der Vergangenheit bei zahlreichen Fahrten mit dem Modernsten, was die DB zu bieten hat, dem ICE immer den Eindruck, dass der Komfort bei Schienenreisen schon mal besser war. Mangels direkter Vergleichsmöglichkeit habe ich diesen Gedanken aber immer in die Schublade „Früher war alles besser!“ abgelegt.
Aber nun habe ich den Vergleich! Die Fahrt mit dem TEE und E03-Bespannung war um Größenordnungen komfortabler, die Sitze großzügig, weich und richtig gemütlich. Aus je zwei gegenüberliegenden Sitzen konnte man ein bequemes Bett bauen. Auch das WC in den 1.-Klasse-Wagen war sauber und großräumig. Heutige ICE’s dagegen auch in der 1. Klasse würde man im Vergleich zum TEE eher mit 3. Klasse (Holzklasse) einstufen müssen, so mein Empfinden.
Weitere Infos zur Veranstaltung gibt es unter steigenjubilaeum.de
Weitere Termine für Eisenbahnevents, Messen und Veranstaltungen gibt es im Terminkalender.